Haarausfall wird als pathologisch betrachtet, man spricht von Alopezie, wenn man pro Tag mehr als 150 Haare verliert. Der Ausfall von etwa 70-100 Haaren kann noch als normal betrachtet werden. Wendet sich ein Patient mit diesem Problem an den Arzt, muss er als Erstes die beim Kämmen oder beim Waschen der Haare ausgefallenen Haare zählen.
Krankhafter Haarausfall kann in vielen verschiedenen Formen auftreten. Der Haarausfall kann sich auf eine begrenzte Fläche beschränken oder über die gesamte Kopfhaut ausbreiten. Eine nicht vernarbende Glatzenbildung kann als Teil einer Krankheit auftreten, wie zum Beispiel Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse, sekundäre Syphilis, Anämie mit Eisenmangel, Hypophyseninsuffizienz. In diesen Fällen kann durch Behandlung der Erkrankung der Haarverlust gestoppt und rückgängig gemacht werden. Die männliche Glatzenbildung ist die häufigste Form des Haarausfalls, sie ist genetisch bedingt. Sie tritt meistens an den Schläfen, am Oberkopf und an beiden Seiten auf. Das Ausmaß des Haarausfalls ist unterschiedlich und kann nicht vorausgesagt werden.
Bei Frauen wird Haarausfall bzw. dünnere Haare von denselben Ursachen ausgelöst wie die Glatzenbildung der Männer, so z. B. erhöhter Testosteronspiegel (männliches Geschlechtshormon). In den Wechseljahren nimmt bei Frauen der weibliche Hormonspiegel ab, das kann ebenfalls zu Alopezie führen. Die Glatzenbildung weist bei Frauen ein anderes Muster auf als bei Männern. Der Haarverlust ist auf der gesamten Kopfhaut bemerkbar, am Oberkopf ist längliche Ausdünnung des Haarwuchses zu erkennen. Es ist wichtig, Frauen zu untersuchen, die unter Haarverlust leiden, bei denen aber noch keine Glatzenbildung bemerkbar ist, bis zur eindeutigen Alopezie können nämlich 20 % der Haare ausfallen.
Haarausfall im Ruhezustand. Vorübergehender Haarausfall kann auch durch telogenes Effluvium, also durch Haarausfall im Ruhezustand verursacht werden, das bedeutet im Laufe des Haarwachstumszyklus eine vorübergehend erhöhte Anzahl der im Ruhezustand befindlichen Haare. Dieser Zustand kann am besten erkannt werden, wenn man beim leichten Ziehen der Haare eine große Anzahl der Haare mit der weißen Haarwurzel zusammen entfernt werden können. Ein Versuch hat ergeben, dass der Hauptgrund für diese Art von Haarausfall Eisenmangel ist.
Kreisrunder Haarausfall. Alopecia areata, auch kreisrunder Haarausfall genannt, ist eine Krankheit unbekannten Ursprungs, ein Immunprozess wird vermutet. In einem typischen Fall sind lachsfarbene, glatte, nicht vernarbte Flecken zu sehen. Die Haare können vom Rand der Flecken einfach herausgezogen werden. Auch andere Teile der Körperbehaarung wie Bart, Augenbrauen und Wimpern können betroffen sein. Die Krankheit kann sich auf die gesamte behaarte Kopfhaut ausbreiten (alopecia totalis), sogar die Haare im Inneren der Nase können betroffen sein (alopecia universalis). Diese Art von Glatze heilt meistens von selbst, bei 80 % der Patienten wachsen die Haare nach, es können aber auch unheilbare Fälle vorkommen.
Im Falle einer Trichotillomanie (der Patient reißt sich selbst die Haare aus) sind die Flecken nicht regelmäßig, auch Haare im Wachstum sind zu sehen (da man sie nämlich nicht ausreißen kann, wenn sie noch zu kurz sind). Die Flecken befinden sich meistens an einer Seite, an derselben Seite wie die dominante Hand des Patienten. In einigen Fällen ist sich der Patient seiner Gewohnheit gar nicht bewusst.
Glatzenbildung als Nebenwirkung von Medikamenten Solche Medikamente können die folgenden sein: dauerhafte Einnahme von Vitamin A in großen Mengen, Retinoide, das Zellwachstum hemmende Mittel, Blutgerinnungshemmer, Schilddrüsen-Medikamente, Verhütungsmittel, Amphetamine, Salicylate, einige Antibiotika. An dieser Stelle soll auch der drastische Haarausfall bei Chemotherapie erwähnt werden, der zwar für den Patienten sehr niederschmetternd ist, man muss sich aber dessen bewusst sein, dass der Haarausfall nicht von Dauer ist, nach der Therapie wachsen die Haare nach.
Vernarbende Glatzenbildung Vernarbende Glatzenbildung kann sich nach chemischen oder physischen Traumata, aufgrund ernster bakterieller oder Virusinfektionen oder auch durch starke ionisierende Strahlung herausbilden. Die vernarbende Glatzenbildung ist dauerhaft und irreversibel. Außer chirurgischer Haartransplantation stehen keine anderen Behandlungen zur Verfügung. Es ist besonders wichtig den Prozess der Vernarbung so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln.
Die häufigste Form von lichten Haaren, Glatze und Glatzenbildung, Haarausfall und Haarverlust ist der sog. männliche, erblich bedingte Haarausfall, (erbliche Glatzenbildung, erblicher Haarausfall), mit medizinischem Namen androgenetische Alopezie. Die Glatzenbildung mit diffusem Haarverlust bei Frauen ist dem ähnlich. Das Wort Alopezie bedeutet Glatze, der Ausdruck androgenetisch weist darauf hin, dass dieser Vorgang durch männliche Geschlechtshormone ausgelöst wird.
Diese Art von Glatzenbildung ist genetisch bedingt, vererbbar, man kann es nicht nur vom Vater auf den Sohn vererben, sondern eventuell auch von entfernten Verwandten erben, auch Frauen können es sowohl vererben als auch erben.
Im Laufe der sogenannten Miniaturisierung, die über mehrere Wachstumszyklen fortschreitet, werden die Haare dünner und verfärben sich. Die betroffenen Haare verlieren ihren Halt, ihr Durchmesser wird immer kleiner, die Miniaturisierung endet schließlich mit dem vollständigen Stillstand der Funktionen der Haarwurzel und mit dem Absterben der Haare.
Für diese Art von Haarausfall und Glatzenbildung ist die Form besonders charakteristisch: meistens beginnt der Verlust an der Schläfe beidseitig in Form eines Dreiecks, die vordere Haarlinie zieht sich nach hinten, und schließlich treffen bei der Ausbreitung des Haarausfalls auf die Haarwirbel die zwei Zonen der Glatzenbildung am Oberkopf aufeinander.
Die häufigsten Arten des Haarausfalls werden in der sog. Norwood-Tabelle (Norwood-Skala) dargestellt.
Androgenetischer Haarausfall kann auch bei Frauen vorkommen, bei ihnen ist in erster Linie die diffuse Lichtung in Viereckform typisch. Bei diesem Zustand ist die Kopfhaut fettig, Schuppen bilden sich, der Grund dafür ist die vermehrte und krankhafte Fettproduktion der Talgdrüsen. Herausbildung, Entstehung und Ablauf der Glatzenbildung, das Voranschreiten, der Rhythmus und die Menge des Haarverlustes und Haarausfalls kann individuell sehr unterschiedlich sein, meistens nehmen sie jedoch typische Formen an. Da dieser Haarausfall hormonellen Ursprungs ist, kann der Prozess schon im Alter von 18 Jahren beginnen, bis zum 22.-24. Lebensjahr kann es sogar zu einem kompletten Haarverlust kommen. Bei anderen wiederum fängt es später an und es bildet sich nur ein teilweiser Haarausfall heraus. Nach dem heutigen Wissensstand kann androgenetischer Haarausfall mit äußeren oder inneren Behandlungen im Wesentlichen nicht beeinflusst werden, es ist allenfalls möglich den Prozess vorläufig zu verlangsamen.
Bei Bedarf werden spezielle operative Veränderungen eingesetzt. So können beispielsweise nach einer Brandverletzung Haare und Augenbrauen ersetzt werden.
Entwicklung des androgenetischen Haarausfalls. Anatomie des Haares und Physiologie des Haarwachstums
Am menschlichen Körper sind zwei Arten von Haaren zu finden.
Vellus/Lanugohaare sind fein, weich, kurz, farblos, kaum zu sehen.
Die Haare, die man als Haare wahrnimmt, sind Terminalhaare: sie sind verschieden pigmentiert, unterschiedlich dick, lang und von unterschiedlicher Haltung.
Es gibt verschieden Typen von Terminalhaaren, jede mit ihrem charakteristischen Wachstum (z. B. Körperbehaarung, Augenbrauen).
Neben den Haaren sind Talgdrüsen und der sog. Musculus arector pili, der Haaraufrichtemuskel zu finden. Beim Aufrichten bildet der Talg aus den Talgdrüsen die benötigte Fettschicht auf den Haaren.
Die zwei Typen können sich ineinander umwandeln (siehe Miniaturisierung)
Anagenphase (Wachstum): die Keratinozyten vermehren sich im Matrix aufgrund der von den Papillen produzierten Wachstumsfaktoren und differenzieren sich zu Hornhautzellen, aus denen die Haare bestehen. Diese bilden die Haare, die im Durchschnitt 1 cm pro Monat wachsen. Diese Phase dauert etwa 1000 Tage.
Katagenphase (Regression, Übergangsphase): spezielle mesenchymale Zellen (dermale Papillen), deren Aggregation mit den Keratinozyten zusammen erfolgt und die vom Matrix abgetrennt werden. Die Haarwurzeln und die Papillen werden vollständig getrennt. Diese Phase dauert 2-3 Wochen lang.
Telogenphase (Ruhephase): die Zellen der Dermalpapille ziehen sich zum oberen Teil der Haarwurzel hoch, dort schließen sie mit dem inneren Bindegewebe das Wachstum des Haares ab, nach einer Zeit fällt des Haar aus. Diese Phase dauert etwa 3 Monate. Nach dieser Regenerationszeit beginnt die Haarwurzel wieder die Anagenphase.
Zum jeweiligen Zeitpunkt befinden sich etwa 90 % der Haare in der Wachstumsphase, 10% in der Ruhephase. Am menschlichen Körper gibt es etwa 5.000.000 Follikeln. Davon ca. 1.000.000 an der behaarten Kopfhaut, daraus erwachsen etwa 100.000 Terminalhaare. Aufn einem Quadratzentimeter befinden sich durchschnittlich 150-250 Haare. Diese Haare können abhängig von den unterschiedlichen rassetypischen und individuellen Merkmalen bedeutende Unterschiede aufweisen. Das Haargesamtbild wird grundlegend von den Merkmalen der Haare (Farbe, Dicke und von der Haardichte an der Kopfhaut) bestimmt, bei jedem auf ganz individuelle Weise. Kenntnisse über diese Begebenheiten sind bei der Planung der Operation und bei der Prognose des Ergebnisses von besonderer Bedeutung.
Nach unserem heutigen Wissensstand wird die androgenetische Alopezie (AA – männlicher Haarausfall) genetisch vererbt (wahrscheinlich von mehreren Genen bestimmt) und durch Hormone hervorgerufen, das Auftreten dieses Zustandes wird von mehreren Faktoren beeinflusst.
Laut der anerkanntesten Hypothese entfaltet das aus Testosteron vom 5-Alpha-Reduktaseenzym metabolisierte Dihydrotestosteron (DHT) seine Wirkung über die Dermalpapille. In Verbindung mit den sogenannten androgenetischen Rezeptoren wird das Wachstum der Matrixzellen blockiert, das führt zum klinischen Haarausfall. Dieser Prozess ist die sogenannte Miniaturisierung, die über mehrere Wachstumszyklen fortschreitet, und zur Verdünnung und Verfärbung der Haare führt. (Die Terminalhaare werden zu Vellushaaren.) Die betroffenen Haare verlieren ihren Halt, ihr Durchmesser wird immer kleiner, die Miniaturisierung endet schließlich mit dem vollständigen Stillstand und Absterben der Funktionen der Haarwurzel.
Männer und Frauen können es gleichermaßen erben, das Erscheinungsbild hängt mit der Wirkung der männlichen Geschlechtshormone zusammen. Die Neigung zur androgenetischen Alopezie ist also vererbbar. Ebenfalls ein Irrglaube ist die Vererbbarkeit mütterlicherseits, ein Junge kann mit derselben Wahrscheinlichkeit vom Vater Gene zum erhöhten DHT-Spiegel erben wie von der Mutter. Lange Zeit wurde angenommen, dass die Vererbbarkeit des männlichen Haarausfalls mit dem weiblichen X-Chromosom zusammenhängt, aber mehrere klinische Tests und Stammbaumanalysen weisen darauf hin, dass sich das Gen auf einem anderen Chromosom befindet. Laut Ergebnissen des Human Genom Projektes befindet sich das Gen höchstwahrscheinlich auf dem Chromosom 8. Hinter dem Irrglauben bezüglich der Vererbung mütterlicherseits steckt wahrscheinlich die Tatsache, dass diese Art von Haarausfall bei Frauen seltener vorkommt, ebenso wie die Vererbung rezessiver Gene im Zusammenhang mit dem X-Chromosom, wie zum Beispiel Hämophilie oder die Rot-Grün-Sehschwäche. Die eigentliche Ursache ist aber, dass bei Frauen weniger Testosteron produziert wird, so kann selbst bei Bestehen der Neigung zu wenig DHT entstehen, um Probleme zu verursachen. Bei Frauen, bei denen aufgrund einer hormonellen Störung der Testosteronspiegel erhöht ist, und die Träger des Gens sind, kann sich androgenetischer Haarausfall entwickeln.
Oft wird auch fälschlicherweise angenommen, dass, weil die Glatze mit Testosteron zusammenhängt, Männer mit Glatze männlicher und sexuell leistungsfähiger sind. Leider ist das nicht der Fall, zwischen der Menge des DHT-s und der Potenz besteht kein Zusammenhang, ein Mann mit Glatze kann ebenso ein guter oder ein schlechter Liebhaber sein wie andere Männer mit dichten Haaren.
Erworbener Haarausfall, Haarmangel, Haarverlust kann auch als Folge eines chirurgischen Eingriffs, nach Einnahme von Medikamenten, wegen Krankheit, Unfall, Verbrennung, Operation usw. entstehen. Dieser Zustand kann vorübergehend (reversibel) sein, wenn aber der Haarmangel bestehen bleibt, kann eine Operation zum Ersatz der Haare nötig sein. In diesen Fällen kann unter den entsprechenden Bedingungen eine Haartransplantation mit Erfolg durchgeführt werden.
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